Freiheit, Rebellion, Sisyphos

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Jeder Kampf um die Freiheit ist immer ein kreativer Akt, denn er widersetzt sich dem Status quo und erfordert ein Weiterdenken, eine Vorstellung von einer besseren Welt, ein Überwinden der gegenwärtigen Verhältnisse. So ist jedes kreative Schaffen in gewisser Weise auch eine Rebellion – ein Nicht-akzeptieren-Wollen, dass alles gleich bleibt, ein Aufwachen und Handeln, in Aktion treten! Inspiration kann nur wirken, wenn man die Kreativität irgendwie zulässt – wenn man ihr eine Chance gibt. In einer Gesellschaft mit erzwungener Gleichheit, Unterdrückung und wenig Entscheidungsfreiheit gibt es nur einen begrenzten Spielraum für kreative Entwicklung. Aber auch hier ist Inspiration möglich. Manchmal bildet erst die Inspiration die Möglichkeit, in einer Welt, in der man keine Möglichkeit sieht. Manchmal sind es gerade die Gegensätze, die den Menschen zu etwas inspirieren. Der Tod inspiriert den Menschen zum aktiven Leben. Das sichere Ende inspiriert ihn zum Anfang. Ein Problem inspiriert ihn zur Lösung. Die Frage zur Antwort. Das Alleinsein zum Zusammensein. Das Gefängnis zur Freiheit. Das Unmögliche zum Möglichen!

Ein Rebell ist unzufrieden und kämpft für eine bessere Welt. Er hat vielleicht noch keine konkrete Vorstellung, wie diese neue Welt genau aussehen soll, aber er ist inspiriert durch seine Unzufriedenheit und durch seine Lust auf Freiheit – und bereit dafür die größten Risiken und Gefahren einzugehen. Es kann ein Rebell in der Politik sein, aber auch in jedem anderen Lebensbereich, wie zum Beispiel der Wissenschaft und Kunst – überall im Leben des Menschen. Wenn jemand plötzlich „nein“ sagt zur Ungerechtigkeit, die ihm widerfährt, wenn jemand plötzlich etwas sagt, wenn alle anderen schweigen. Jede ehrliche Meinung, stellt auch einen Akt der Inspiration dar – und jeder Einzelne kann mit seiner Meinung auf die Welt wirken, auf die Gesellschaft, und etwas anstoßen, etwas ins Rollen bringen! Freiheit hat etwas mit dem Einfall zu tun, dass man frei ist! Und immer wieder in der Geschichte der Menschheit wird der Mensch von dieser Idee inspiriert! (Denn ständig wird der Mensch von Neuem eingesperrt und es scheint wie ein fortwährender Kampf um die Freiheit.)

Ein einziger Rebell kann mit seiner Vision ein ganzes Volk, wie in einer Kettenreaktion, inspirieren, bis hin zur Revolution – oder zum Beispiel einem Paradigmenwechsel in der Wissenschaft, einer neuen Stilrichtung in der Kunst. Aus diesem Grund gehen Diktatoren gegen diese Individuen mit größter Härte vor, denn der kleinste Funke kann das größte Feuer entfachen! Ob die daraus resultierende Veränderung gut oder schlecht ist für das gesamte Volk, ist im Voraus nicht absehbar, aber wahrscheinlich bleibt nur eine funktionierende, gute Idee bestehen, wenn sie auch die Freiheit bedeutet für jeden Einzelnen. Begriffe wie „gut“ oder „schlecht“ oder „Freiheit“, werden aber immer vom Willen des Menschen (mit)bestimmt und finden ihren Ursprung im Gefühl des Leidens und der Lust, welche den freien Willen inspirieren. Es sind zwei Gefühlszustände, die sich elementar in jedem befinden und sich stets auf das eigene Leben und eine Veränderung darin beziehen. Es ist das Leiden für die Liebe und die Lust auf die Liebe. Das Leiden, um zu leben und die Lust zu leben. Das Leiden für die Freiheit und die Lust auf die Freiheit. Es sind Gefühlszustände, die den Menschen durch das ganze Leben leiten und die Handlung aktivieren (inspirieren) bevor das Ziel bewusst und rational verstanden oder wahrgenommen wird. Diese Gefühlszustände formen den Willen des Menschen und der freie Wille vereint beide dieser Gefühlszustände und strebt durch die Handlung, bzw. das Kreativwerden, den Ausgleich an.

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Die Freiheit hängt immer vom persönlichen Willen ab – wenn jemand einen Weg gehen will in seinem Leben, dann stellt dieser Weg seine Freiheit dar!

In der griechischen Mythologie wird Sisyphos dazu verdammt, auf ewig einen großen Felsen einen steilen Berg hochzurollen. Sisyphos  leidet, aber gibt nicht auf, den Felsen den Berg hochzurollen – so hoffnungslos die Lage auch ist, er sagt „ja“ zum Leben*, weil er nicht aufgibt (*so ähnlich beschreibt es auch Albert Camus in seinem „Mythos des Sisyphos“). Sisyphos ist inspiriert vom Sinn des Lebens selbst und zeigt und beweist dies durch das Nicht-Aufgeben und durchbricht, durch diesen Willen zum Leben, seine eigentlich sinnlos erscheinende Welt (oder Situation), in der er gefangen ist. Durch seine eigene Entscheidung zum Leben – er lässt sich vom Felsen nicht überrollen – entsteht seine Freiheit. Sein freier Wille als elementarste Form, äußert sich durch den Willen zum Leben. Verbannt zur Sinnlosigkeit und gefangen, kreiert er doch seinen Sinn und seine Freiheit – wenn auch nur als Geschichte. Sogar in der freiesten Welt wären wir gefangen, ohne eigenen Willen – denn was ist Freiheit, wenn wir zu nichts inspiriert sind? Was ist Leben ohne Wille? Die Freiheit bezieht sich immer auf diesen Willen – erst durch die Umsetzung und Realisierung des eigenen Willens erreichen wir unsere Freiheit im Leben. Erst wenn wir unsere eigene Entscheidung treffen, unsere eigene Meinung äußern, eigene Initiative ergreifen, handeln, agieren – erst dann befreien wir uns! Wenn man etwas Gutes macht, obwohl das Schlechte viel einfacher wäre, dann ist man vom Willen zum Guten inspiriert (Werte)! Wenn man um sein Leben kämpft, obwohl alles sinnlos erscheint, dann ist man vom Sinn des Lebens inspiriert – und kreiert diesen Sinn durch den Kampf darum.

Jeder Mensch geht durch gewisse Zeiten, die ihn darstellen wie Sisyphos – und er trotzdem weitermacht, auch wenn er sich in einer bestimmten Situation gefangen sieht – zum Beispiel aufgrund schwerer Krankheiten, Schicksalsschlägen, des Gefangenseins in einer kranken Gesellschaft oder Arbeitswelt, persönlicher Kämpfe… Was, aber viele nicht wissen, ist, dass Sisyphos ein König ist – und das bleibt er auch in jeder hoffnungslosen und schwierigen Zeit – und zeigt sich vor allem dann! Ein König braucht von niemandem eine Sinnhaftigkeit, einen Grund, eine Bestätigung für sein Leben, er selbst gibt sich seinen Sinn als Mensch.   Letztendlich kann auch ein Gefangener frei sein, wenn er sich frei fühlt und deshalb auch gegen alles ankämpft, was ihn einsperrt. Erst wenn er aufgibt, ist er gefangen. Solange er für seine Freiheit kämpft, ist er auch gleichzeitig frei – wenn auch nur in seinem Denken -, weil er einen freien Willen behält und danach handelt oder versucht, zu handeln! Wie bei Sisyphos, als Sinnbild für den Menschen, können Gefangener und König manchmal ein und dieselbe Person sein.

Der freie Wille ist immer ein kreativer Akt, da er nicht determiniert oder vorgegeben ist, sondern aus uns selbst entsteht und dadurch einen Ausdruck der eigenen Inspiration darstellt. Ein Wille führt zu etwas, das noch nicht erreicht ist, aber von dem man inspiriert ist (bewusst oder unbewusst), um es zu erreichen.  So stellt sogar jeder menschliche Trieb im Grunde eine Inspiration zu etwas dar. Hunger ist der Wille zum Essen, welches man noch nicht erreicht hat, aber es suchen wird, weil man bewegt ist durch den Hunger. Durst ist der Wille nach Wasser, das man noch nicht getrunken hat, aber erreichen wird, um zu leben! Schmerz ist der Wille zu Veränderung… Dieser kreative Trieb, etwas erreichen zu wollen, etwas zu kreieren, eine Situation zu verändern, steckt in jedem Bereich des Lebens, auch wenn man es nicht gleich erkennen kann, auch wenn man nur ein kleiner Teil ist vom Ganzen, einer von vielen, und scheinbar nichts verändern kann. Denn dieser Überlebenstrieb eines Einzelnen, wirkt nicht nur auf eben dieses Individuum selbst, sondern immer auf die Gesamtheit – denn Sisyphos, so einsam er auch erscheint, bleibt nicht nur Individuum, aber verwandelt sich in eine Idee für uns alle.

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